Fahrradverkaufszahlen 2019:

Absatz-Höhepunkt scheint erreicht – Konsumenten setzen auf hohe Produktqualität, Beratung und Service im Fachhandel

  • Die Verkaufszahlen haben sich auf einem hohen Niveau eingependelt (2019: 439.000 Stück, -4 Prozent im Vergleich zu 2018)
  • Die Nachfrage nach höherwertigen Produkten, Beratung und Service ist deutlich gestiegen und führt zu einer Steigerung im Durchschnittspreis (1.585 EUR, +25 Prozent) und Gesamtumsatz (700 Millionen EUR, +20 Prozent)
  • Erstmals machen Fahrräder über 25 Prozent des Gesamtumsatzes der österreichischen Sportartikelbranche (2,77 Milliarden EUR) aus
  • Die Nachfrage nach E-Bikes steigt kontinuierlich: 170.000 verkaufte Stück, 39 Prozent Marktanteil (+6 Prozent)
  • Damit sind E-Bikes für 69 Prozent des Gesamtumsatzes mit Fahrrädern verantwortlich
  • Durch die tragende Rolle des Fahrrades für eine klimaneutrale Mobilität ist ein E-Bike Marktanteil von 50% in den nächsten Jahren realistisch
  • Beratungs- und Servicequalität sind bei Kinder- und Jugendfahrrädern besonders wichtig, das zeigen die gestiegenen Absatzzahlen (+5,5 Prozent)
  • Mit dem in Europa einzigartigen Lehrberuf Sportgerätefachkraft baut Österreich die starke Beratungskompetenz im Sportfachhandel noch weiter aus
  • Ausblick 2020: Die Corona-Krise schädigt den Fachhandel stark und gefährdet die Mobilitätswende – Im Sommer wird mit bis zu -50 Prozent Umsatzeinbußen gerechnet, im Winter mit bis zu -30 Prozent

Wien, 26. Mai 2020: Die jüngsten Entwicklungen in der COVID-19 Krise bestätigen die tragende Rolle des Fahrrades – zusätzlich zum Sportgerät – als systemrelevantes und gesundes Verkehrsmittel. Der Trend zum regionalen Einkauf im Sport- und Fahrrad-Fachhandel zeigt sich bereits in den Fahrradverkaufszahlen 2019: Trotz gesunkener Stückzahlen ist der Umsatz gestiegen. Entscheidend dafür: Qualität, Beratung und Service.

Rekordumsatz trotz gesunkener Absatzzahlen

Die Fahrrad-Verkaufszahlen haben sich in den letzten Jahren auf einem hohen Niveau eingependelt. 2019 wurden in Österreich 439.000* Fahrräder verkauft. Das entspricht einem Rückgang von 4 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der durchschnittliche Absatz in den 2010er-Jahren lag bei 413.500 Stück.

Statt immer weiter steigender Absatzzahlen ist eine Marktsättigung und Seitwärtsbewegung erkennbar: Kunden greifen vermehrt zu hochwertigen Materialien und höherpreisigen Produkten mit umfassender Ausstattung. Sportartikel werden technischer, individualisierter und digitaler. Dabei vertrauen die Konsumenten auf professionelle Beratung im Fachhandel. Ein Indikator dafür ist auch der hohe Anteil an Radhändlern und freien Händlern von schätzungsweise 50 Prozent.

Durch diesen Qualitäts-Trend in der Nachfrage ist der Durchschnittspreis der Fahrräder 2019 um über 25 Prozent auf 1.585 EUR gestiegen. Gleiches zeigt sich auch bei den E-Bikes: Der Durchschnittspreis liegt bei 2.809 EUR (+4 Prozent). Der Umsatz mit Fahrrädern steigt dadurch auf 700 Millionen EUR (+20 Prozent) und beträgt erstmals über 25 Prozent des Gesamtumsatzes der österreichischen Sportartikelbranche (2,77 Millionen EUR).

Nachfrage nach E-Bikes steigt kontinuierlich

Mitverantwortlich für den gestiegenen Umsatz ist der starke Absatz von E-Bikes. Pedelecs sind in der Breite angekommen, von einem Trend ist nicht mehr zu sprechen. Mit 170.000 Stück kommen E-Bikes auf einen Marktanteil von 39 Prozent (+ 6 Prozent). Damit ist Österreich einer der stärksten Märkte in Europa und führend im deutschen Sprachraum (Schweiz 36,6 Prozent, Deutschland 31,5 Prozent). Mehr als zwei Drittel des Gesamtumsatzes mit Fahrrädern sind auf die E-Bike Verkäufe zurückzuführen (480 Millionen EUR, 69 Prozent).

Unter den Pedelecs ist das Segment der E-Mountainbikes 2019 (77.432 Stück, +23 Prozent) am stärksten gestiegen. Dennoch liegen in absoluten Zahlen die E-Bikes mit STVO Ausstattung** (91.768 Stück) klar vor den E-Mountainbikes. Das unterstreicht die Alltagstauglichkeit der elektrisierten Fahrräder.

Konsumenten setzen auf Beratungskompetenz, vor allem bei Kinder- und Jugendrädern

Der Verkauf von regulären, nicht elektrischen Fahrrädern sank von 2018 auf 2019 um 18 Prozent (2019: 196.224 Stück). Das ist auf die hohe Nachfrage nach E-Bikes zurückzuführen. Bei Kinder- und Jugendfährrädern wächst der Markt hingegen: 2019 wurden 71.997 (nicht motorbetriebene) Kinder- und Jugendfahrräder verkauft. Das entspricht einem Zuwachs von 5,5 Prozent.

Besonders bei Kinder- und Jugendrädern setzten die Konsumenten auf die Beratungs- und Servicekompetenz des Sport- und Fahrradfachhandels – nicht zuletzt aufgrund des Sicherheitsaspektes. „Nur ein passendes, gut eingestelltes und gewartetes Fahrrad, ist ein sicheres Fahrrad”, betont der Sprecher der ARGE Fahrrad, Hans-Jürgen Schoder.

Diese Beratungskompetenz wird mit dem neuen, europaweit einzigartigen Lehrberuf Sportgerätefachkraft weiter forciert. Sportgerätefachkräfte bekommen eine kaufmännische und eine technische Ausbildung. So können sie technisch anspruchsvolle Produkte wie E-Bikes servicieren und reparieren sowie elektronische Einstellungen sogar per App vornehmen. Damit baut Österreich seinen Vorsprung in Punkto Servicequalität im Sportfachhandel noch weiter aus.

Tragende Rolle von Fahrrad und E-Bike für nachhaltige Mobilitätswende

Die Begriffe „klimaneutrale Mobilität“ und „Fahrrad“ lassen sich nicht voneinander trennen. Der VSSÖ und die ARGE Fahrrad setzen sich laufend dafür ein, Rahmenbedingungen zu schaffen, die diese Entwicklung begünstigen und forcieren. Inzwischen fragen viele Unternehmen verstärkt Fahrräder als Jobräder für ihre Mitarbeiter an. Das lässt sich darauf zurückführen, dass E-Bikes seit 1. Jänner 2020 vorsteuerabzugsfähig sind und ihre Privatnutzung vom Sachbezug befreit ist.

Zusätzlich zur Beteiligung an der Gesetzgebung für die heimische Fahrradbranche, setzen der VSSÖ und die ARGE Fahrrad klare Schritte, um neue Zielgruppen zu erschließen und Barrieren bei der Nutzung des Fahrrades zu identifizieren. Dazu wurde in Zusammenarbeit mit der Österreichischen Energieagentur und der Mobilitätszentrale Burgenland eine Studie durchgeführt, bei der Pendler ihr Auto für zwei Wochen gegen ein E-Bike eintauschen. Mehr als ein Viertel der Teilnehmer haben sich nach der Testaktion ein eigenes E-Bike gekauft. Die Projektergebnisse zeigen, dass Pendler von den Vorteilen des E-Bikes überzeugt werden können, nachdem sie das Verkehrsmittel testen konnten. Um diese Zielgruppe tatsächlich zu erschließen, ist eine aufklärende und zielgerichtete Angebots- und Produktkommunikation notwendig. Zusätzlich bedarf es klarer Maßnahmen in Bezug auf die Infrastruktur (z.B. Ausbau der Radwege).

„Unserer Einschätzung nach ist in den nächsten Jahren ein Anteil von 50% der Pedelecs am österreichischen Gesamtfahrradmarkt durchaus vorstellbar – nicht zuletzt wegen des Vorsteuerabzugs für Unternehmen“, ist Gernot Kellermayr, Präsident des VSSÖ, überzeugt.

Prognose 2020: Corona-Krise schädigt den Fahrradmarkt stark

Der Beginn der Corona-Krise in Österreich hatte massive Auswirkungen auf die Fahrrad-Branche. Im Monat vor Ostern werden üblicherweise etwa 50 Prozent aller Fahrräder verkauft. „Fahrradkäufe zu Ostern sind Anlasskäufe und werden nicht im Mai oder Juni nachgeholt. Das werden wir trotz des Ansturms auf einige wenige Geschäfte nicht mehr aufholen können“, meint Michael Nendwich, Geschäftsführer des VSSÖ.

Aufgrund der positiven Verkaufszahlen der letzten Jahre sind die Lagerbestände sehr hoch und mit teilweise bis zu 30 Prozent höheren Lagerkosten verbunden. Die Branche rechnet mit Umsatzeinbußen von bis zu 50 Prozent im Sommer und bis zu 30 Prozent im Winter. „Am stärksten durch die Corona-Krise betroffen sind die Fachgeschäfte, viele kämpfen ums Überleben. Um die Zukunft der österreichischen Mobilität gesund und nachhaltig zu gestalten, braucht es jedoch mehr Fahrradgeschäfte und nicht weniger“, so Nendwich.

*Diese Anzahl umfasst alle Fahrräder, die 2019 von der heimischen Fahrradindustrie für den österreichischen Markt produziert wurden bzw. die von den am Markt tätigen Marken importiert und an den österreichischen Sportfachhandel sowie den Fahrradfachhandel verkauft wurden.

** Es gelten dieselben Ausrüstungsvorschriften wie für herkömmliche Fahrräder: Klingel, Scheinwerfer, Rücklicht, Rückstrahler und Reflektoren an Speichen und Pedalen.