Status Quo nach dem 1. Halbjahr 2021: Sportartikelhandel in Österreich weiterhin gespalten

  • Der Gesamtumsatz des Sportartikelhandels 2020 belief sich auf etwa 2,28 Milliarden Euro (-1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr)
  • Im Q4 2020 ist der nominelle Umsatz des Sportartikelhandels im Vergleich zum Vorjahr um 22,9 Prozent eingebrochen, im Q1 2021 um 18,8 Prozent
  • Sportgeschäfte in touristischen Gebieten leiden stark unter dem Komplettausfall der Wintersaison und dem Ausbleiben der TouristInnen
  • HändlerInnen im urbanen Raum können durch die hohe Nachfrage nach Heim-Fitnessgeräten, Fahrrädern und Outdoor-Sportausrüstung zum Teil wieder aufatmen
  • Der Online-Kauf kann die Schließung des stationären Handels nicht abfedern, weil es sich um beratungsintensive Produkte handelt – der Online-Anteil hat sich bei 15 bis 20 Prozent eingependelt und ist auch während der Pandemie nur im einstelligen Prozentbereich gewachsen
  • Durch den Ausfall der Wintersaison verzeichnet der Sportartikelhandel zudem ein Beschäftigungsminus von 12,8 Prozent – dem stärksten Einbruch aller Handelssparten
  • Die Wirtschaftshilfen seitens der Regierung sind für die gesamte Branche essentiell, jetzt geht es um eine schnelle und einfache Abwicklung

2020 war ein forderndes Jahr für den Sportartikelhandel in Österreich. Gezeichnet von Planungsunsicherheiten auf Grund des Pandemiegeschehens, verschiedener Lockdowns und dem Ausbleiben der touristischen Gäste kämpften viele HändlerInnen um die wirtschaftliche Existenz. Während in der Gesamtwirtschaft ein erstes Aufatmen erkennbar ist, ist der Sportartikelhandel in Österreich noch immer gespalten. Der Verband der Sportartikelerzeuger und Sportausrüster (VSSÖ) zieht ein erstes Resümee nach dem 1. Halbjahr 2021.

Komplettausfall der Wintersaison für touristische Sportartikelgeschäfte deutlich spürbar

Das Jahr 2021 ist für die SportartikelhändlerInnnen gestartet, wie das 1. Pandemiejahr beendet wurde: Bis zum 8. Februar waren die Geschäfte geschlossen. „Aus gesundheitspolitischer Sicht war das absolut nachvollziehbar und notwendig. Für den Sportartikelhandel sprechen wir aber von einem absoluten Worst-Case-Szenario“, so Gernot Kellermayr, Präsident des VSSÖ. Betroffen sind vor allem jene 750 Geschäfte in Tourismusgebieten, deren Einnahmen zu 60 Prozent von dem Weihnachts- und Wintergeschäft (Dezember bis März) und von TouristInnen abhängen. 94 Prozent dieser Geschäfte sind familiengeführte Einzelunternehmen, die 44 Prozent des Umsatzes des gesamten Sportartikelmarkts in Österreich ausmachen.[1]

„Die Wirtschaftshilfen der Regierung sind für die gesamte Branche von erheblicher Bedeutung. 4 von 5 Sportartikelgeschäfte in touristischen Regionen hätten den Winter ohne externe Förderung nicht überlebt. Der entscheidende Wendepunkt für diese Unternehmen kam, als das tragende Geschäftsfeld Verleih im Ausfallbonus berücksichtigt wurde“, erklärt Michael Nendwich, Sprecher des Sportartikelhandels in der Wirtschaftskammer Österreich und Geschäftsführer des VSSÖ. Im 4. Quartal 2020 ist der nominelle Umsatz des Sportartikelhandels um 22,9 Prozent eingebrochen[2].

Städtische Sportgeschäfte freuten sich über starke Nachfrage einzelner Segmente

Städtische Sportartikelgeschäfte konnten vor allem durch die hohe Nachfrage nach Heimfitness-Geräten, Fahrrädern und Outdoor-Sportausrüstung einen Teil des Umsatzverlustes aus dem Winter wieder aufholen. Besonders erfreulich ist die starke Nachfrage nach Fahrrädern: „Das Fahrrad ist spätestens seit Ausbruch der Pandemie als zentrales Verkehrsmittel der nachhaltigen, gesunden und individuellen Mobilität kaum mehr wegzudenken“, so Nendwich. Die Fahrradindustrie konnte deshalb für 2020 im Absatz einen Anstieg von 13 Prozent erreichen – 41 Prozent der verkauften Fahrräder E-Bikes. Der Gesamtumsatz des Sportartikelhandels lag 2020 bei 2,28 Milliarden Euro (- 1 Prozent)[3].

Onlineverkauf kann die Schließung des stationären Handels nicht abfedern

Nichtsdestotrotz ist der nominelle Umsatz im ersten Quartal 2021 um 18,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr eingebrochen[4]. „Daran zeigt sich einmal mehr, dass Sportartikel beratungsintensive Produkte sind, die vor allem im stationären Handel bei Fachkräften eingekauft werden“, erklärt Nendwich.

Auch der Online-Handel kann dies nicht ausgleichen: „In den letzten Jahren ist der Online-Anteil in der Sportartikelbranche nur langsam gestiegen. Wir haben uns bei etwa 15 bis 20 Prozent eingependelt – und hier sehen wir auch mittelfristig die Obergrenze. Auch während der Pandemie reden wir nur von einem Zuwachs im einstelligen Prozentbereich“, ergänzt Kellermayr.

Die Geschäfte blieben geschlossen, die Beschäftigungszahlen sanken

Trotz aller Bemühungen ist es durch den Komplettausfall der Wintersaison im Sportartikelhandel zu einem Beschäftigungsminus von 12,8 Prozent gekommen. Das ist der stärkste Einbruch im gesamten Einzelhandel und steht sogar Zuwächsen in anderen Handelssparten gegenüber[5]. „Der massive Einbruch bei den Beschäftigungszahlen zeigt die Betroffenheit der Sportartikelbranche und die Abhängigkeit von anderen Branchen wie Tourismus, Hotellerie und Gastronomie. Trotz der Möglichkeit der Öffnung des Handels, haben viele Standorte gar nicht wieder aufgesperrt“, führt Nendwich aus.

Positiver Ausblick in die kommende Saison

„Die Menschen in Österreich sehnen sich danach rauszugehen und Sport zu machen“, freut sich Kellermayr. „Durch das Voranschreiten der Impfung und der guten Entwicklung des Pandemiegeschehens gehen wir von einer relativ normalen Sommersaison aus“. Wie sich die für die österreichische Wirtschaft entscheidende Wintersaison entwickeln wird, bleibt offen. Eine der zentralen Herausforderung in nächster Zeit wird mit Sicherheit der Liefer- und Produktzyklus sein. Durch die weltweit hohe Nachfrage nach einzelnen Produkten wie Fahrrädern und Schwierigkeiten bei der Produktion und Lieferung der Einzelteile aus Asien herrscht derzeit kein Marktgleichgewicht. „Jetzt kommt es aber zuerst auf eine einfache Beantragung der Wirtschaftshilfen und eine schnelle Auszahlung an“, schließt Nendwich ab.

[1] Quelle: Studie „Die ökonomische Bedeutung des touristischen Sportartikelhandels“, durchgeführt von SPEA im Auftrag der WKÖ, 2021
[2] Quelle: KMU Forschung
[3] Quelle: KMU Forschung
[4] Quelle: Statistik Austria/Economica
[5] Quelle: Statistik Austria/Economica